Neues Unheil für Mosambik

Für uns Meteorologen verliefen die vergangenen Ostertage bei der Deutschlandwettervorhersage sehr ruhig und man mag glauben, dass wir unseren Dienst entspannt leisten konnten. Dem ist aber leider nicht so. In Zusammenarbeit mit dem "Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum" in Bonn beobachten wir rund um die Uhr weltweit die aktuelle und zukünftige Wetterlage, um auf potentiell gefährliche Wetterentwicklungen frühzeitig hinweisen zu können. Diese Information wird in der Folge an diverse Hilfsorganisationen weitergeleitet. Von daher gibt es Tage, an denen man bei der Erstellung einer Wettervorhersage davon ausgehen kann, dass die zu erwartende Wetterlage der dortigen Bevölkerung Leid und Zerstörung bringen wird. Dies war bei der Vorhersage für IDAI der Fall und ist es leider auch heute in Bezug auf den nächsten Wirbelsturm.

Nachdem Mitte März der verheerende tropische Zyklon IDAI im Umfeld der Küstenstadt "Beira" an Land ging, sind die Folgen bis heute noch kaum zu überschauen. Neben den horrenden Sachschäden und der sehr hohen Zahl an Verletzten und Toten sind die längerfristigen Folgen für die Wirtschaft aber auch mit Blick auf die gesundheitlichen Folgen wie Seuchen noch überhaupt nicht abzuschätzen. Dabei war IDAI aber nur der "prominenteste" tropische Zyklon, der es in die weltweiten Medien geschafft hat. Bevor wir näher auf die aktuelle Lage eingehen, wollen wir daher kurz auf die bisherige Tropensturmsaison im südwestlichen Indischen Ozean schauen.

In dieser Region dauert die Tropensturmsaison statistisch von Mitte November bis Ende April. Verlief sie in den vergangenen Jahren mit Blick auf die Anzahl von Tropenstürmen normal, so sieht es in dieser Saison anders aus. Sie war die bisher schadensträchtigste sowie die zweitaktivste Saison seit 1967. Bisher wurden im südwestlichen Indischen Ozean 13 tropische Stürme (durchschnittlich 9) und 9 tropische Zyklone (durchschnittlich 5) beobachtet. Auch der Blick auf die bisher gemeldete Zahl an Todesopfern lässt diese Saison auf den 3. Platz vorrücken, wobei IDAI ganz klar als Hauptverursacher für die hohe Zahl an Todesopfern in die Annalen eingeht. Dabei verlief die Saison insofern noch glimpflich (wenn man das in diesem Zusammenhang überhaupt sagen darf), da sich der Großteil der Zyklone weit abseits von jeglicher Landmasse über dem Indischen Ozean als sogenannte "Fischstürme" austobte. Zusammengefasst haben wir es in diesem Jahr also mit einer sehr aktiven Saison zu tun, die aktuell noch kein Ende finden will.

So schauen wir Meteorologen seit einigen Tagen mit erneuten Sorgenfalten auf ein Gebiet nördlich von Madagaskar, wo es bereits kräftig brodelt. Wiederholt entwickelten sich hochreichende Gewitterwolken, die sich immer weiter verstärken und ausdehnen konnten. Das aktuelle Satellitenbild ist dem Thema des Tages beigefügt [siehe Grafik a)]. Die Gründe für die Entwicklung solcher tropischer Stürme wurden in vergangenen Themen des Tages bereits des Öfteren dargestellt und können auch im Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes nachgelesen werden (siehe Link unter dem Thema des Tages). Kurz zusammengefasst organisieren sich die Gewitter im Verlauf ihrer Entwicklung zu großen Gewitterkomplexen, die dem Einfluss der Corioliskraft folgend beginnen, sich um ein gemeinsames Zentrum zu drehen. Dabei müssen ausreichend warmes Wasser vorhanden und die Luft feucht genug sein, damit diese Gewitterkomplexe nicht in sich zusammenfallen. Ist auch noch die vertikale Windscherung, also die Zunahme des Windes mit der Höhe sehr gering, dann steht einer Intensivierung nichts mehr im Weg.

Das aktuelle Satellitenbild zeigt bereits ein gut organisiertes Wolkensystem nördlich von Madagaskar, das über einer Meeresregion mit ausreichend hohen Wassertemperaturen von 28 bis 30 Grad zieht. Zudem ist die aktuelle Windscherung sehr gering. Diese Bedingungen bleiben auch in den kommenden Tagen bestehen. Somit ist bei der zu erwartenden Westverlagerung eine fortwährende Intensivierung zu einem tropischen Zyklon mit mittleren Windgeschwindigkeiten von mehr als 120 km/h zu erwarten. Die Böen können dabei sogar noch deutlich höher als der Mittelwind ausfallen, wie in Grafik c) zu erkennen ist (Daten vom Europäischen Wettermodell). Aus heutiger Sicht dürfte der Sturm im Verlauf des Freitags im Nordosten von Mosambik auf Land treffen und dann wie IDAI unter geringer Verlagerungsgeschwindigkeit entweder ins Landesinnere driften oder im Küstenumfeld verbleiben. Egal welche Lösung eintrifft, es muss in diesen Regionen erneut mit extremen Regenfällen [Grafik b)] und vor allem im Küstenumfeld mit Orkanböen gerechnet werden. Natürlich sind die Zugbahnvorhersagen noch mit Unsicherheiten behaftet, doch zeigen die unterschiedlichen Wettermodelle das gesamte Szenario bereits seit Tagen beständig. Dabei liegt u.a. die Hafenstadt "Pemba" mit mehr als 200 000 Einwohnern im unmittelbaren Gefahrenbereich.

Daher kommen bei der Vorbereitung dieser Vorhersage bei uns Meteorologen sorgenvolle Gedanken auf, denn die Gefahr einer erneuten Katastrophe ist leider aus aktueller Sicht real und womöglich imminent.

Dipl.-Met. Helge Tuschy

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.04.2019

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