Der Frühling und der Winter, die hatten einen Streit

Gerade in diesen Tagen merkt man es mal wieder: Kaltluft ist zäh wie Honig und lässt sich nur schwer vertreiben. Auch wenn sie mancherorts oberflächlich vertrieben wurde, so steckt sie doch noch tief in den Böden drin. Die Frosteindringtiefen sind zum Teil noch beachtlich und liegen zwischen 20 und 50 cm. Wenn es tagsüber durch Plusgrade antaut, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Frost in den noch langen Nächten wieder nach oben kriecht und in Verbindung mit aufkommenden Niederschlägen rasch zu prekären Straßensituationen führen kann (siehe Warnlage für die Nacht zum Donnerstag: www.dwd.de).

Für Frühlingswärme braucht es Luftmassen vom nahen Ostatlantik oder noch besser aus dem westlichen Mittelmeerraum. Damit wir in ihren Genuss kommen, sind kräftige atlantische Tiefausläufer von Nöten, die wie ein Schaufelradbagger warme Luft nach Deutschland voranbringen können. Eine solche Warmlufttransportmaschine liegt derzeit knapp westlich der Britischen Inseln und man kann ihr das Bemühen nicht absprechen, den Frühling nach Deutschland bringen zu wollen. Entlang von Ober- und Niederrhein werden am morgigen Donnerstag immerhin zweistellige Höchstwerte bis nahe 15 Grad erwartet.

Der Winter stellt sich aber stur und will partout nicht weichen. So bewegen sich die Höchstwerte im Osten am heutigen Mittwoch gerade mal um den Gefrierpunkt und nachts sind an der Grenze zu Polen vereinzelt bis -9 Grad möglich. Der Kampf zwischen Sommer und Winter spielt sich also gerade direkt über unseren Köpfen und unter unseren Füßen ab.

In den kommenden Tagen scheint es, als könnte der Vorfrühling das Blatt zu seinen Gunsten wenden. So breitet sich wärmere Luft zaghaft weiter nach Osten aus. Aber man sollte sich noch nicht zu früh freuen. Schaut man nach Osteuropa und in Richtung Balkan erkennt man, weit weg ist die Kaltluft noch nicht. Just in diesen Tagen, wo sich alle Wintergeplagten in Aufbruchsstimmung wähnen, zeigen die Wettermodelle ein Szenario, das alle Kraftanstrengungen unseres Schaufelradbaggers im Keim ersticken könnten.

Es gibt nämlich einen entscheidenden Schwachpunkt: Der Schwerpunkt des Tiefdruckkomplexes verbleibt etwas zu weit im Westen, um der Kaltluft nachhaltig den Gar auszumachen. Ganz im Gegenteil, durch seine Lage schaufelt sich der Warmluftbagger sein eigenes Grab. So werden warme Luftmassen bis zum Wochenende weit nach Nordeuropa transportiert und führen dort zur Bildung eines kräftigen Hochdruckgebietes. Dieses Hoch wirkt in weiterer Folge wie ein Block und verhindert ein weiteres Vorankommen des Tiefschwerpunktes nach Osten. Stattdessen wird das Tief in seiner Schlagkraft geschwächt.

Die entscheidende und spannende Frage ist nun: Wie nachhaltig wird diese Schwächung ausfallen? Bleibt der Tiefdruckkomplex robust, dann wird sich wohl eine Pattsituation zwischen einem eher frühlingshaft angehauchten Westen und einem weiter leicht winterlich geprägten Osten ergeben. Allerdings deutet eine zunehmende Anzahl an Modelllösungen an, dass das Hochdruckgebiet den Kampf für sich entscheiden kann. Mit einem schwächer werdenden atlantischen Tiefkomplex würde dann ab Mitte der kommenden Woche an der Südflanke des nordeuropäischen Hochs Kaltluft aus Osten angezapft werden. Diese könnte sich in weiterer Folge auch auf den Weg nach Deutschland machen.

Entschieden ist noch nichts. Der Kampf der beiden Schwergewichte hat gerade erst begonnen. Aber es ist noch Februar, die zähe Kaltluft noch weit in Europa verbreitet und es wäre statistisch nicht unwahrscheinlich, wenn nach einem kalten Januar der Winter im Februar nochmal ein Comeback feiert. Verfolgen wir also die Entwicklung in der Mittelfrist mit Spannung ganz nach dem Motto: "Der Frühling und der Winter, die hatten einen Streit. Wer wohl die meiste Kraft hat, wer wohl die meiste Kraft hat. Zur schönen Winterszeit".

Dipl.-Met. Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst

Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2017

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