Cut Off Wetter wie abgeschnitten

Seit einigen Tagen lässt sich über Deutschland ein Tief beobachten, das mit seinen spiralförmig um den Kern (bzw. zeitweise auch mehreren Kernen) angeordneten Regenbändern für meist starke Bewölkung und immer wieder für Niederschläge sorgt. Dieses Tief mit dem Namen "Danielle" hat eine geschlossene Bodenisobare (Linien gleichen Drucks) und ist besonders in höheren Atmosphärenschichten gut ausgeprägt (siehe dazu auch die Grafik zum Bodendruck und zur Höhenströmung vom heutigen Freitag, 00 UTC unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/10/21.html). In diesem Fall spricht der Meteorologe von einem "Cut Off" bzw. "Cut Off-Tief".

Ein Cut Off entsteht in den meisten Fällen als Produkt eines Abschnürungsprozesses ("Cut Off-Prozess") eines Troges in der mittleren und höheren Troposphäre. Bei einem Höhentrog handelt es sich um ein Gebilde tiefen Luftdrucks in höheren Schichten, das mit kalter Luft angefüllt ist. Zur Identifizierung werden sogenannte 500 hPa-Geopotenzial-Karten herangezogen, die die dynamischen Verhältnisse in etwa 5,5 km Höhe wiedergeben. Dabei zeigt sich in diesen Karten der Trog durch eine Art Ausbuchtung in den Isolinien, die häufig nach Süden gerichtet ist. In einigen Fällen kann es passieren, dass sich diese Ausbuchtung von der eigentlichen Höhenströmung ablöst und ein eigenes Leben als Cut Off-Tief oder als Kaltlufttropfen weiterführt. Fortan hat dieses abgeschnürte Höhentief meist das Aussehen eines kreisrunden Gebildes.

Im Gegensatz zu einem Kaltlufttropfen ist das Cut Off-Tief über die gesamte Troposphäre zu erkennen. Kaltlufttropfen dagegen befinden sich oftmals im Randbereich eines Bodenhochs, wobei am Boden keine Frontenaktivität zu verzeichnen ist und auch keine geschlossene Isobare vorhanden ist.

Kaltlufttropfen bereiten dem Meteorologen große Vorhersageprobleme, schwimmen sie doch - ähnlich wie Fetttropfen in der heißen Suppe - in der sie umgebenden wärmeren Luft. Aber auch Cut Off's sind nicht einfach vorherzusagen. So können kleine Details wie beispielsweise die Lage des Zentrums oder die Stärke des Tiefs schnell größere Auswirkungen z.B. auf die Niederschlagsverteilung haben.

Darüber hinaus verlagert sich ein Cut Off (ebenso wie ein Kaltlufttropfen) nicht mit der Höhenströmung, sondern wird durch die umgebende Luftdruckverteilung beeinflusst. Im aktuellen Fall wird der Cut Off von Hochdruckgebieten "umzingelt" und kann quasi weder nach links noch nach rechts. So verharrt er nun an Ort und Stelle und "eiert" um sich selbst herum, ähnlich wie ein Kreisel. Damit bekommt er auch noch eine blockierende Wirkung. So kann er uns über mehrere Tage hinweg behelligen, zumal die kalte Luft im Kern des Cut Offs weiterhin vorhanden bleibt. Es fehlen warme Luftmassen, die zur Durchmischung und damit zum Abbau der Kaltluft bzw. des Cut Offs führen könnten.

Bis zum Samstag wird das aktuelle Cut Off-Tief auf den Wetterkarten zu finden sein. Dann passieren zwei Dinge: Zum einen füllt sich das Bodentief langsam auf, sodass aus dem Cut Off bei dann nicht mehr geschlossener Bodenisobare nach Nomenklatur ein Kaltlufttropfen wird. Zum anderen wandert dieser Kaltlufttropfen aber auch gen Norden, weil das dortige Hoch schwächelt. Im weiteren Verlauf gliedert sich der Kaltlufttropfen voraussichtlich wieder in die Höhenströmung ein.

Der sich am Sonntag einstellende Zwischenhocheinfluss bei uns ist jedoch nicht von längerer Dauer. Ein Tief über der Biskaya kann bereits ab Sonntagabend mit seinen Ausläufern die Regie bei uns übernehmen, neue dichte Wolken und Regenfälle sind die Folge. Immerhin steigt die Temperatur an, da von Südwesten mildere Luft herangeführt wird. Dennoch scheint das aktuelle Wetter etwas gegen den "Goldenen Oktober" zu haben, auch wenn die Bäume mit ihren Blättern gerade in den schönsten Farben schillern.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst

Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.10.2016

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