Dauerregen lässt Jahresdefizit beim Niederschlag in Süddeutschland

schwinden!

Die Mitte und der Süden von Deutschland liegen derzeit im Einflussbereich des Randtiefs "Kunibert", das sich entlang einer wellenden Luftmassengrenze des ex-Sturmtiefs "Iwan" über dem Baltikum ostwärts verlagert. Die Luftmassengrenze, die sich nur langsam südlich vorschiebt, trennt dabei sehr milde bis warme subtropische Luft im Südwesten des Landes von der kühleren Meeresluft weiter nördlich. Am heutigen Freitagmorgen um 8 Uhr herrschten beispielsweise im Breisgau Temperaturen bis 14 Grad, während weiter nach Nordosten verbreitet nur Werte um 7 Grad gemessen wurden. Im Bereich der Kaltfront, die in der Nacht auf Freitag die Mitte Deutschlands passierte und am Morgen den Südosten erreichte, schob sich die kalte unter die sehr milde Luft, hob diese und produzierte schließlich schauerartig verstärkte Regenfälle. An der von Westen nachfolgenden Warmfront von Randtief "Kunibert" sorgen dagegen kräftige Aufgleitprozesse für mäßige bis starke, länger anhaltende Dauerniederschläge.

Vor allem südlich von Mosel und Main fielen bzw. fallen ergiebige Regenmengen. Innerhalb von 24 Stunden kamen zwischen Mosel sowie Main und der Donau bis heute Morgen 7 Uhr verbreitet 15 bis 40 Liter pro Quadratmeter zusammen. Im Odenwald, dem Spessart sowie in Teilen Mittel- und Oberfrankens wurden in Staulagen lokal sogar Regenmengen bis 70 Liter erreicht. Auch im Schwarzwald wurden heute Morgen schon Dauerregenmengen über 30 Liter in 24 Stunden überschritten (vgl. Abbildung 1 im Archiv links unten auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes). Die größten Regensummen sind dabei direkt auf die durchziehende Kaltfront zurückzuführen. Durch die kräftigen vertikalen Umwälzungen in der unteren Atmosphäre war der Dauerregen schauerartig verstärkt, sodass örtlich sogar Starkregenschwellen erreicht wurden. So fielen beispielsweise zwischen 22 und 23 Uhr in Frankfurt/Flughafen 16 Liter pro Quadratmeter. Nur eine Stunde später meldete die Station Oberaurach-Fatschenbrunn einen stündlichen Wert von 18 Litern. Die gleiche Menge wurde an der Station Neckargemünd-Kleingemünd zwischen 2 und 3 Uhr in der Nacht registriert. Der höchste stündliche Wert wurde schließlich mit 22 Litern pro Quadratmeter zwischen 3 und 4 Uhr in Waibstadt gemessen. Derartige stündliche Regensummen erinnern mehr an einen sommerlichen Gewitterguss als an den Durchzug einer Kaltfront im November. Verantwortlich für die hohen Stundensummen ist die sehr milde und feuchte Luft subtropischen Ursprungs auf der Südseite der Luftmassengrenze, die über ein potenziell niederschlagbares Wasser von bis zu 30 Litern pro Quadratmeter verfügt. Je stärker nun die vertikalen Umwälzungen sind, desto mehr von diesem niederschlagbaren Wasser kann kondensiert ausfallen und schließlich den Weg zum Boden finden.

Mit den länger andauernden Niederschlägen von Randtief "Kunibert" sind vorwiegend die Regionen zwischen Oberrhein und Bayerischem Wald bzw. Passauer Land betroffen. Bis Samstagmorgen sollen in dem genannten Streifen verbreitet zwischen 25 und 60 Liter pro Quadratmeter fallen. In Staulagen sind sogar 24-stündige Mengen bis 90 Liter möglich (vgl. Abbildung 2). Insgesamt sind in der Südhälfte Deutschlands über einen 48-stündigen Zeitraum hinweg Niederschlagsmengen zwischen 30 und 100 Liter, exponiert auch bis 120 Liter pro Quadratmeter zu erwarten.

Mit diesen ergiebigen Niederschlägen kann somit das Niederschlagsdefizit, das sich über das gesamte Jahr hinweg aufgebaut hat, vor allem im Süden Deutschlands verringert werden. Vor dem jetzigen Dauerregenereignis wurden in Baden-Württemberg und Bayern von Januar bis Anfang November meist nur zwischen 50 und 90 Prozent des Jahresniederschlages. Nach der ersten Novemberdekade gibt es lediglich eine Station (Laupheim), die die Jahresmengen im vieljährigen Mittel schon erreicht hat (100%). Bisher fielen die Monate bis auf wenige Ausnahmen teils deutlich zu trocken aus, was sich in der Jahresstatistik entsprechend bemerkbar macht.

Sollte nun bezüglich des Niederschlags ein normaler Dezember (im Mittel 50 bis 140 Liter) folgen, könnte zusammen mit den derzeitigen ergiebigen Regenfällen das Jahressoll in Baden-Württemberg und Bayern vielerorts doch noch erreicht werden.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.11.2015

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