Wissen Sie noch, wo Sie am 11. August 1999 waren? Der eine oder andere wird sich nun fragen: Wieso? Was war denn an diesem besagten Datum? Einige von Ihnen werden sich jedoch noch genau daran erinnern. Denn vor fast 16 Jahren konnte über Teilen Mitteleuropas eine totale Sonnenfinsternis beobachtet werden. Das Besondere an dieser Sonnenfinsternis war, dass sich der Kernschatten über weite Teile der Südhälfte Deutschlands bewegte. Wer nun auf die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland wartet, muss sich allerdings bis zum Jahr 2081 gedulden.
Dennoch gibt es bis dahin in einigen Regionen Europas zumindest eine partielle Sonnenfinsternis zu bestaunen. So auch am morgigen Freitag, dem 20. März 2015 in Deutschland. Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einer "totalen" und einer "partiellen" Sonnenfinsternis? Aufgrund der riesigen Entfernung zwischen Mond und Sonne, gelingt es dem Mond, von einem Punkt auf der Erde aus beobachtet, die Sonne komplett zu verdecken, wobei der Kernschatten auf der Erdoberfläche nur maximal wenige Hundert Kilometer breit ist. Um dieses kleinräumige Gebiet des Kernschattens herum befindet sich der Bereich, indem die partielle Sonnenfinsternis beobachtet werden kann. Da dort der Beobachtungspunkt, der Mond und die Sonne nicht genau auf einer Achse liegen, wird die Sonne vom Mond nur teilweise verdeckt (vom Beobachtungspunkt auf der Erde gesehen). In diesem Bereich des "Halbschattens", der im Durchmesser mehrere Tausend Kilometer aufweist, nimmt der Abdeckungsgrad der Sonne mit größer werdender Entfernung zum Kernschatten ab. Dazu finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema eine entsprechende schematische Abbildung (Abb.1).
Kommen wir nun zu den aktuellen Gegebenheiten der partiellen Sonnenfinsternis am morgigen Freitag. Um eine grobe Vorstellung vom Verlauf des Kernschattens (Region der totalen Sonnenfinsternis) sowie des Halbschattens (Region der partiellen Sonnenfinsternis) zu erhalten, sind auf der Abbildung 2 unter www.dwd.de/tagesthema diese Areale ungefähr abgesteckt. Der Kernschatten ist erstmals um 10:14 MEZ (Mitteleuropäische Zeit) östlich von Neufundland mit Sonnenaufgang zu beobachten (Beginn der Totalitätszone, s. Abb.2). Der rund 400 Kilometer breite Kernschatten wandert anschließend ostwärts über den Nordatlantik in Richtung Nordwesteuropa und überstreicht dabei die Färöer-Inseln sowie Spitzbergen. Auf dem Weg in Richtung Arktis endet die Totalitätszone etwa 69 km vom Nordpol entfernt (geographischen Koordinaten: 97°49' westl. Länge und 89°23' nördl. Breite). Damit verlässt der Kernschatten um 11:21 MEZ die Erdoberfläche. Die maximale Andauer der totalen Finsternis wird östlich von Island erreicht und beträgt dort 2 Minuten 47 Sekunden.
Das Gebiet des Halbschattens, also dort, wo die partielle Sonnenfinsternis beobachtet werden kann, ist bedeutend größer und reicht vom nahen Ostatlantik über Grönland, Europa und Nordafrika bis in den Nahen Osten und nach Westasien hinein (Gebiete innerhalb der roten Linien, s. Abb.2). Je weiter man sich von der Totalitätszone entfernt, desto weniger wird die Sonnenscheibe vom Mond verdeckt. Speziell in Deutschland werden im äußersten Südosten maximal 67% und im äußersten Nordwesten etwa 83 % der Sonne verdunkelt (vgl. blaue Prozentangaben in Abb.2). Das Maximum der Abschattung wird im äußersten Südwesten Deutschlands etwa um 10:30 MEZ und im äußersten Nordosten um 10:50 MEZ erreicht.
Um dieses Naturschauspiel ungestört genießen zu können, muss zudem das Wetter mitspielen. Ob uns die Wolken landesweit einen Strich durch die Rechnung machen oder doch nur örtlich die Sicht zum Himmel trüben, wird nun im Anschluss beschrieben. Grundsätzlich verbleibt Deutschland unter Hochdruckeinfluss, der sich vom Ostatlantik über Mitteleuropa bis nach Russland erstreckt. Allerdings nähert sich ein Ausläufer eines schwachen Tiefs über Südnorwegen der deutschen Nordseeküste. Im Vorfeld dieses Tiefausläufers gelangt bereits in den bodennahen Schichten etwas feuchtere Meeresluft in den Westen und Norden Deutschlands. Dies führt einerseits zu einer hochnebelartigen Bewölkung in einigen Gebieten Westdeutschlands und andererseits zu mittelhoher und hoher Bewölkung im Norden. Dahingegen bleiben die Mitte und der Süden Deutschlands weitestgehend unberührt von stärkeren Wolkenfeldern.
Konkret bedeutet dies, dass in Teilen Nordrhein-Westfalens und in den nördlichen Bereichen von Rheinland-Pfalz durch eine hochnebelartige Bewölkung die Sicht nach oben sprichwörtlich vernebelt ist. Diese Hochnebeldecke wird sich voraussichtlich auch nur zögerlich auflösen. Dennoch bestehen gute Chancen, dass sich zum Höhepunkt der partiellen Sonnenfinsternis nur noch kleinere Hochnebelfelder am Himmel befinden. Im Norden und Nordosten Deutschlands, genauer gesagt im Norden von Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg zeigen sich oftmals mittelhohe und hohe Wolken. Allgemein besteht in diesem Bereich ein Nord-Süd-Gefälle bzgl. des Bedeckungsgrades. Hier stellen der Süden Brandenburgs, Sachsen-Anhalts und Niedersachsens den Übergangsbereich zwischen dem wolkigen oder bedeckten Norden und dem sonnigen Süden dar. In diesem Übergangsbereich bestehen allerdings gute Chancen, dass der Blick zur Sonne lediglich nur durch dünne Schleierwolken etwas getrübt wird.
Ganz anders sieht es hingegen im Süden und in der Mitte Deutschlands aus. Dort befinden sich die Bewohner auf der "Sonnenseite" und können die partielle Sonnenfinsternis ohne Einschränkungen beobachten. Auch das örtliche Auftreten dünner Schleierwolken sollte die Sicht auf die Sonne nicht maßgeblich beeinträchtigen. Lediglich entlang des Oberrheins besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich noch Reste von Nebel- oder Hochnebelfeldern bis zur partiellen Sonnenfinsternis halten. Eine zusätzliche Grafik zu den oben beschriebenen Bewölkungsverhältnissen finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema.
Also auf in den Süden oder in die Mitte Deutschlands, denn hier haben Sie bestimmt den "vollen Durchblick".
M.Sc.-Met. Andreas Würtz
Deutscher Wetterdienst