Heute hü, morgen hott quo vadis coelum?

Zugegeben, ein wenig Eitelkeit des Verfassers des heutigen "Themas des Tages" schwingt schon mit bei der Erstellung der Überschrift. Aber irgendwann im Leben muss man es doch mal zeigen dürfen, dass man vor Jahrzehnten Latein in der Schule gebüffelt und darin sogar einen Abschluss geschafft hat. Doch genug der Koketterie, für alle Nicht-Altsprachler hier die kurze und völlig unspektakuläre Übersetzung von "quo vadis coelum": wie wird das Wetter?

Nun, die Kernfrage aller Kernfragen der Vorhersagemeteorologie wird tagtäglich quasi überall und von jedem, mal aus ernsthaftem Interesse, mal aber auch nur floskelhaft, gestellt. Warum also nicht auch mal im "Thema des Tages"? Immerhin stehen für Teile der deutschen Bevölkerung d i e Feiertage des Jahres unmittelbar vor der Tür - nicht Weihnachten, nicht Ostern, auch nicht der Geburtstag, nein, der Höhepunkt der Faschingszeit bricht an. Nicht nur zur heutigen Weiberfastnacht, auch am kommenden Wochenende, vor allem dann aber am Rosenmontag und Faschingsdienstag stehen zahlreiche Außenveranstaltungen meist in Form großer Straßenumzüge an, bei denen das Wetter eine sagen wir mal nicht unerhebliche Rolle spielt. Doch auch Nicht-Karnevalisten (meist Norddeutsche oder in die Alpen flüchtende Westdeutsche) können und dürfen an dieser Stelle weiterlesen, interessiert doch das Wetter der nächsten Tage (fast) alle von uns.

Aufmerksamen Lesern unserer Wetterberichte - und jetzt kommt Hü und Hott ins Spiel - wird in dieser Woche vielleicht aufgefallen sein, dass die Vorhersage über gewisse Inkonsistenzen verfügt. Ein Beispiel: Mal wurde für das Wochenende von Regen im Westen und Südwesten gesprochen, dann wieder sollte es eher trocken, teils trüb, teils sonnig werden. "Unentschlossenheit" heißt das Stichwort, was nicht nur ein irdisches, speziell menschliches Phänomen darstellt, auch die Natur und in diesem Fall die Atmosphäre scheint so etwas zu kennen.

Verantwortlich für das Hin und Her ist die aktuelle Großwetterlage, die man vereinfacht auf das Duell GABRIELA vs. QUINN herunterbrechen kann. GABRIELA ist ein kräftiges Hoch über dem europäischen Kontinent, das seinen Schwerpunkt östlich unseres Vorhersageraums hat. Dem gegenüber steht das aktuell nicht minder kräftige Tief QUINN, das heute Mittag auf dem Atlantik einige hundert Kilometer westlich von Irland positioniert ist. Beide Luftdruckgebilde verfolgen unterschiedliche Interessen, und Deutschland liegt mittendrin im Kräftemessen der Protagonisten. Verantwortlich für die schwankenden Vorhersagen der vergangenen Tage sind die verschiedenen Computermodelle, die uns Meteorologen die Entwicklung des Wettergeschehens vorausberechnen. Mal wurde dem Tief mehr Durchsetzungsvermögen zugestanden, dann wieder wurde stärker auf das Hoch gesetzt, so dass unter dem Strich keine eindeutige Lösung auf der Karte stand. Und so viel sei an dieser Stelle schon verraten, selbst die heutigen Prognosen beinhalten immer noch gewisse Unschärfen. Eines kann man aber mit Bestimmtheit sagen: Extremes Wetter, gar Unwetter durch Sturm, Starkregen (-schneefall) oder vielleicht sogar Glatteis ist nicht zu erwarten, so dass die geplanten Umzüge rein von den atmosphärischen Rahmenbedingungen alle stattfinden können.

Zur Entwicklung: Hoch GABRIELA wird sich in den nächsten Tagen noch etwas verstärken, wobei es Unterstützung von einem weiteren Hoch (HANNE) von Nordeuropa her bekommt. Am Rosenmontag jedenfalls liegt das Hoch mit bemerkenswert hohem Luftdruck (etwas über 1050 hPa!) über dem Südwestzipfel Russlands. Bis dahin hat sich Kollege QUINN an den Westrand des europäischen Kontinents vorgearbeitet, wo er aber bereits am Wochenende erhebliche Probleme bekommt, seinen Weg nach Osten fortzusetzen. Grund für den Stopp ist die sogenannte blockierende Wirkung von GABRIELA respektive HANNE, die - im übertragenen Sinne - wie ein Prellbock wirken, gegen den das Tief nicht ankommt. QUINN hat jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder nach Norden oder Süden auszuweichen oder sich unweigerlich in das Schicksal des Ablebens zu begeben. So wie es heute aussieht, wird dem Tief wohl die zweite Variante nicht erspart bleiben, auch wenn es verzweifelt versucht, wenigstens noch einen Ableger zu produzieren. Dieses "Nachfolgetief" wird sich sehr wahrscheinlich aber im westlichen Mittelmeer etablieren, was für unser Wetter allenfalls von mittelbarer Bedeutung ist. QUINN selbst wird auf den Wetterkarten nur noch als nicht konturiertes Relikt irgendwo zwischen Nordfrankreich und südwestlicher Nordsee zu finden sein, und auch der zugehörige Tiefausläufer wird westlich von Deutschland verharren (rechts in der Rubrik "Thema des Tages" unter [mehr] finden Sie eine Vorhersagewetterkarte von Rosenmontag 12 UTC; während das kräftige Hoch über Südwestrussland sofort ins Auge sticht, ist von einem Tief westlich von uns nicht mehr viel zu sehen).

Wettertechnisch sieht es so aus, dass sowohl zur heutigen Weiberfastnacht als auch am morgigen Freitag "Binärwetter" auf dem Programm steht. Entweder wird die 0 gezogen, was graue Tristesse durch Nebel und Hochnebel bedeutet (betrifft den größten Teil des Landes). Oder es erscheint die 1, was Sonne satt bedeutet (vor allem in den Hochlagen, u.a. aber auch in Teilen des west- und ostdeutschen Tieflands). Je nach Sonnenangebot steigt oder verharrt die Temperatur tagsüber etwa zwischen 0 und 10°C, wobei es in höheren Lagen häufig wärmer wird als weiter unten (siehe dazu auch "Thema des Tages" von gestern Mittwoch, 10.02.2015, Stichwort "Inversion"). Am Wochenende schafft es der schwächelnde QUINN wahrscheinlich aber doch noch, ein paar Regenwolken in den Westen und Südwesten zu transportieren. Ob, und da wären wir wieder bei der bereits angesprochenen Unsicherheit, der Westen und Südwesten im Extremfall bis nach Thüringen und ins bayerische Schwaben reicht oder nur einen Streifen vom Rheinland bis zum Oberrhein markiert, ist derzeit immer noch offen. Selbst ein Szenario, wonach die Regenwolken vor der deutschen Grenze zu Frankreich und Benelux halt machen, ist nicht ausgeschlossen. Nach Osten und Nordosten zu bleibt es sehr wahrscheinlich trocken und die Vorhersage kapriziert sich dort eher auf die Frage "sonnig oder trüb", wobei der Verfasser an dieser Stelle eine Antwort schuldig bleiben möchte. Temperaturmäßig tut sich am Wochenende insgesamt wenig.

Blieben abschließend noch der Rosenmontag und Faschingsdienstag. In aller Kürze sieht es so aus, dass die Chancen auf einen trockenen Rosenmontag im gesamten Bundesgebiet gar nicht so schlecht stehen (im Osten sowieso, im Westen mit gewisser Restunsicherheit). Wo wie lange sich die Sonne die Ehre gibt, ist noch unsicher, nicht zuletzt, weil Nebel und Hochnebel weiterhin als potenzielle "Störenfriede" auftreten können. Am Dienstag deutet sich für die westlichen Landesteile Regen an, wenn nämlich der erwähnte Tiefausläufer aktiviert wird und ostwärts vorankommt. Schaun mer mal...

Dipl.-Met. Jens Hoffmann

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.02.2015
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